Auslandsaufenthalt im 5. Semester des Bachelorstudiengangs in Oulu/Finnland im WS 2008/2009

Corinna Höhl
Erfahrungsberichte Corinna Höhl
Erfahrungsberichte Corinna Höhl
Foto: Corinna Höhl

Vorbereitung

Mein Entschluss für ein Semester im Ausland zu studieren stand schon sehr zeitig fest, womit ich auch die Vorbereitungen dafür zeitig begonnen habe, was ich auch sehr empfehlen kann. Meine Bewerbung inkl. Motivationsschreiben, habe ich im „International Office" der FSU abgegeben. Die ganzen Formalien und die Organisation gingen reibungslos über die Bühne, so dass ich auch schon bald eine Koordinatorin in der entsprechenden Fakultät an der Universität von Oulu hatte, mit der ich schon vor meiner Anreise in Finnland in Kontakt stand, die auch stets für Fragen und Probleme zur Verfügung stand. Trotz dass ich der chemisch-geowissenschaftlichen Fakultät zugehörig war, lief mein Auslandssemester über die biologisch-phamazeutische Fakultät, ebenso auch in Oulu. Noch in Deutschland habe ich mein Learning Agreement erstellt, worin man die Kurse festlegt, welche man belegen wird. Diese müssen dann vom Prüfungsausschuss der zugehörigen Fakultät in Deutschland abgesegnet werden.

Vor dem Aufenthalt in Finnland sollte man sich gut überlegen, ob man noch eine Auslandskrankenversicherung abschließt. Die Universität von Oulu bietet zwar einen Gesundheitsdienst an, sobald man dort einen Studentenausweis hat, dieser deckt aber nicht alle Kosten ab. Mit der Annahmebestätigung der Uni bekommt man darüber aber noch genauere Informationen.

Weiterhin sollte man beachten, dass Oulu sehr weit im Norden von Finnland liegt. Findet das Auslandssemester im Winter statt, sollte man entsprechend warme Kleidung mitnehmen, dies auch schon im Oktober (also sich nicht erst im November die warme Winterjacke schicken lassen;)). Mitte Oktober kann schon der erste Schnee fallen, auch wenn es die zuvor noch sehr warm war. Der Wetterumschwung kommt in der Regel sehr plötzlich. Da die Winter jedoch sehr trocken sind, kommt es einem gar nicht so sehr kalt vor. Ich habe in deutschen Wintern oftmals mehr gefroren als in Finnland (genau genommen habe ich in Finnland gar nicht gefroren). Der Winter in Finnland macht auf jeden Fall sehr viel Spaß!

Anreise

Am Besten reist man mit dem Flugzeug an, entweder direkt nach Oulu, was jedoch wesentlich teurer ist, oder mit einem Stop in Helsinki. Ich bin von Berlin mit dem Flugzeug nach Helsinki geflogen und am nächsten Morgen mit dem Zug weiter gefahren. Das dauert zwar wesentlich länger, doch ich wollte bewusst diese Reise quer durch Finnland erleben. Da Oulu sehr weit im Norden liegt, dauerte die Zugfahrt von Helsinki nach Oulu auch noch einmal um die 6 Stunden. Für mich war diese Art der Anreise besonders schön, da ich mich somit noch einmal mehr auf Finnland und mein Auslandssemester einstellen konnte.

Yliopistokatu - die Studentenwohnheime in Linnanmaa
Yliopistokatu - die Studentenwohnheime in Linnanmaa
Foto: Corinna Höhl

Unterkunft

Yliopistokatu - die Studentenwohnheime in Linnanmaa

In Oulu werden die meisten Austauschstudenten in Wohnheimen direkt neben der Uni untergebracht, im Stadtteil Linnanmaa. Die Vermittlung der Zimmer erfolgt über PSOAS (http://www.psoas.fi/en/). Man bewirbt sich ganz einfach online für ein Zimmer oder Appartement und PSOAS reserviert dann eins. Die Zusage für ein Zimmer kann jedoch sehr lange dauern, sogar auch bis kurz vor Abreise. An dieser Stelle sollte man viel Geduld zeigen und vertrauen, dass man in Oulu nicht auf der Straße steht. Bei der Anfrage für ein Zimmer hat man die Wahl zw. Einzel-und Doppelzimmer. Hier kann ich wirklich jedem nur raten, die paar Taler mehr für ein Einzelzimmer zu investieren. Ich habe schlechte Erfahrungen mit einem Doppelzimmer gemacht, da diese doch recht klein sind und man sich schnell auf den Keks geht. Ansonsten sind die Zimmer in allen Wohnheimen nett eingerichtet mit Standardmöbeln (Bett, kleiner Nachtschrank, Kleiderschrank, Schreibtisch, Stuhl) und kosten zw. 170 und 230 € im Monat; mit etwas Glück kommt man in einem Wohnheim unter mit einer Sauna unterm Dach.

Ein sehr großer Teil der Studenten ist in Linnanmaa untergebracht, einige auch in Alpilla, das liegt zw. Uni und Stadtzentrum. Das Leben in den Wohnheimen in Linnanmaa ist sehr schön, da die ganzen Austauschstudenten mehr oder weniger an einer Stelle sind. So kommt man mit vielen schnell in Kontakt und das Leben im nordischen Winter wird leichter. In Linnanmaa ist man in 5 Minuten zu Fuß an der Uni, in Alpilla mit dem Fahrrad in 10 Minuten. Das Stadtzentrum ist von Linnanmaa aus in 15 Minuten mit dem Rad zu erreichen. Also alles keine großen Entfernungen. Gleich bei den Studentenwohnheimen gibt es 3 Supermärkte und eine Studentenkneipe mit Billard.

Kummi

Es gibt vielleicht kein anderes Land, in dem alles so perfekt organisiert ist und in dem man es als Austauschstudent so einfach hat wie in Finnland. Noch während der Organisation und Vorbereitung in Deutschland bekommt man von der Uni in Oulu einen sogenannten „Kummi"-Studenten zugeteilt. Dieser soll den neu ankommenden Studenten helfen, sich zurecht zu finden und ihm/ihr den Einstieg in den Unialltag erleichtern. Man wird von den Kummi-Studenten regelrecht an die Hand genommen, da die meisten nur für 2 oder 3 Austauschstudenten verantwortlich sind. Ich wurde von meiner Kummi vom Bahnhof abgeholt, sie hatte die Schlüssel für das Wohnheim dabei und hat mich auch gleicht dort hin gebracht. Auch sonst sind die Kummis für jede Frage und Sorge offen.

Oulun Yliopisto - die Universität von Oulu
Oulun Yliopisto - die Universität von Oulu
Foto: Corinna Höhl

Studium

Oulun Yliopisto - die Universität von Oulu

In der ersten Woche findet eine sogenannte 3-tägige „Orientation" statt, während dieser man unterschiedlichste Informationen (Uni, Stadt, Kultur, Wohnen, Essen, Freizeitveranstaltungen) erhält und ebenso die Gelegenheit hat, organisatorische Dinge (Mietvertrag mit PSOAS unterschreiben, Computer-Log in, Studentenausweis) zu erledigen.

Bei der Kurswahl ist zu berücksichtigen, ob die Kurse in Oulu auch an der chem.-geow. Fakultät in Jena anerkannt werden. Dies ist im Vorfeld mit dem Prüfungsausschuss zu klären. Mir fiel es etwas schwer, genügend geeignete Module in Richtung Biogeowissenschaften auf Englisch zu finden, die mir dann im ausreichendem Maße auch in Jena angerechnet werden konnten. So fehlten mir am Ende ca. 3 credits. Ich konnte die fehlenden Credits dann in Jena nachholen, womit sich das Studium zwar ein wenig verzögert hat, was aber die Auslandserfahrung allemal wert war. Aber dies ist individuell zu entscheiden. In Oulu konnte ich sehr verschiedene Kurse auf Englisch besuchen, die für den eigenen Wissensstand sehr wertvoll und bereichernd waren, so z.Bsp. Scandinavian Studies. Das Angebot an englisch-sprachigen Kursen ist in Finnland sehr groß und das Semester ist deutlich anders aufgebaut als in Deutschland. Es beginnt Anfang September und endet vor Weihnachten. Diese vier Monate sind in zwei Perioden geteilt, es handelt sich bei den Kursen mehr um Intensiv-Block-Kurse, alle qualitativ sehr hochwertig. Die Professoren sind den Austauschstudenten gegenüber sehr freundlich und kooperativ eingestellt. Ich habe zusätzlich noch einen Finnisch-Survival Kurs belegt, den ich nur sehr empfehlen kann, da er zum einen einen Einblick auch in die Kultur gibt und zum anderen auch einfache Basics für den Alltag in Finnland vermittelt. Finnisch ist jedoch eine sehr schwierige und komplexe Sprache, wofür man wesentlich mehr Zeit und Anstrengung braucht, als was ein Auslandssemester an Zeit mit sich bringt.

Freizeit und Kultur

Der ESN ist eine Vereinigung finnischer Studenten, die für die Austauschstudenten Ausflüge, Parties und Events jeglicher Art organisieren. An Langeweile wird man in Oulu auf jeden Fall nicht eingehen. Wenn man denn möchte, kann man in Oulu an jedem Wochenende an irgendetwas teilnehmen. Vom Gummistiefelweitwerfen bis hin zu „Ice-Hole-Swimming" und International Dinner Parties, es ist immer etwas los in Linnanmaa. Es werden sehr viele tolle Ausflüge in die wunderschöne Umgebung um Oulu angeboten und man kann, wenn man möchte, tief in die finnische Kultur eintauchen. Dies ist nicht zuletzt auch durch das „Kummi-Family"-Programm möglich. Dabei kann man sich für eine Familie anmelden, die im Optimalfall gut zu einem passt, mit der man dann ebenso Zeit verbringen kann. Eine nette Sache, wenn man Glück mit der Familie hat.

Der ESN plant auch sehr viele Städtetrips, z.Bsp. nach St. Petersburg, Lappland oder Stockholm. Diese sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Ich bin sehr oft auf eigene Faust nach Stockholm gefahren, was von Turku aus mit der Fähre wunderbar klappt. Finnland ist ein großartiges Land zum Reisen, es gibt tolle Städte zu sehen und eine faszinierend schöne Landschaft. Man kann sich auch überall kleine Hütten mieten, mit mehreren Leuten zusammen ein großartiger Spaß. Das Zugreisen in Finnland ist auch recht erschwinglich, Sonderangebote für Studenten gibt es viele.

Linnanmaa im Dezember
Linnanmaa im Dezember
Foto: Corinna Höhl

Fazit

Linnanmaa im Dezember

Mein Auslandssemester in Finnland war eine großartige Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte. Ich habe viele tolle Leute kennen gelernt, eine andere Kultur und konnte trotz der guten Organisation seitens der Uni mein eigenes Organisationstalent ausbauen und an Offenheit und Eigenständigkeit gewinnen. Die Finnen sind eine recht harte Nuss zum Knacken, aber man sollte auch nicht mit der Erwartung nach Finnland gehen, mit vielen Finnen tiefe Freundschaften zu knüpfen.

Viele fürchten sich vor der Dunkelheit, ich kann nur sagen, es war großartig! Eine einzigartige Erfahrung, magisch und faszinierend. Sicherlich wird es im Dezember vllt. nur noch max. 3 Stunden hell, aber es hat was sehr magisches. Und da von Anfang November an durchgehend Schnee liegt, wirkt alles doch wieder ein bisschen heller. Die Saunen an allen Ecken erleichtern die Dunkelheit abermals.
Ich kann auch nur noch sagen, reist so viel wie möglich! Nehmt so viel von Skandinavien mit wie ihr nur könnt. Es ist traumhaft dort:)!

 

Kontakt: Corinna Höhl