Auslandsaufenthalt an der NTNU Trondheim Wintersemester 2019/20

Samuel Sellmaier
Trondheim
Trondheim
Foto: Samuel Sellmaier

Vorbereitung

Wichtig zu wissen, ist dass die Semesterzeiten in Trondheim anders sind als in Deutschland. In Norwegen gibt es ein Spring und ein Autumn Semester. Das Autumn Semester fängt Anfang August an und endet Ende Dezember. Dadurch kann es teilweise zu Überschneidungen mit Prüfungen oder Blockpraktika etc. kommen. Zudem bedeutet das auch, dass mensch von Januar bis Mitte April frei hat, was ich mit einem Pflichtpraktikum belegt habe.
Zur Modulauswahl an der NTNU schau dir am besten im Vorhinein den Online Kurs Katalog für Erasmus-Studierende an. Zu den Kursen solltest du, falls es nicht besondere Zulassungskriterien gibt, als Erasmus-Studi zugelassen werden. Ich habe als Bachelor-Studi dort nur Master Kurse belegt, das war kein Problem. Such dir am besten mehr Kurse aus als du schließlich belegen wirst, die Organisation ist zwar sehr gut, aber es kann trotzdem sein, dass du vor Ort deine Kurse aufgrund von Überschneidung nochmal verändern musst, das klappt aber ohne Probleme. Sprich dich da am besten zwecks Anrechnung mit deiner*m Erasmuskoordinator*in ab. Nach der erfolgreichen Bewerbung und Zulassung fängt die Wohnungssuche an. Ich hatte kein Glück ein Platz von der Uni zu erhalten und musste mich daher selbständig um ein Zimmer kümmern, was sich jedoch als ziemlich schwierig erwiesen hat, dazu gleich noch mehr.
Ich empfehle dir sehr mit Bahn und Bus nach Trondheim zu fahren, einerseits aus Klimaschutzgründen, andererseits auch da die Landschaft wirklich wahnsinnig schön ist, vor allem die Zugfahrt von Oslo nach Trondheim. Auf dem Hinweg bin ich von Hamburg aus mit dem Bus über Nacht nach Oslo und dann mit dem Zug weiter nach Trondheim. Zurück habe ich dann an mehreren Städten in Norwegen, Schweden und Dänemark noch Halt gemacht. Weiterhin ist es (leider) so, dass ein Smartphone und eine Kreditkarte dein Leben in Norwegen sehr erleichtern. Ich habe mir für die Zeit ein Smartphone zugelegt und brauchte das gleich am ersten Tag, als ich mir eine App für Leihfahrräder herunterladen musste. Aber auch deinen Studiausweis und das Busticket hast du auf deinem Smartphone. Mit Bargeld wird recht selten bezahlt, häufig wird dieses sogar gar nicht angenommen.


Unterkunft

Die meisten internationalen Studierenden erhalten einen Wohnheimplatz von SIT (wie in Deutschland das Studierendenwerk). Leider kommen im Autumn Semester immer so viele Studierende nach Trondheim, dass die Plätze dann nicht mehr ausreichen. Ich hatte kein Glück und musste mich selbständig nach einem Zimmer umsehen, was wahnsinnig schwierig war, vor allem wenn mensch nur für ein halbes Jahr sucht. Da es mir wichtig war einen Wohnplatz zu haben, wenn ich ankomme habe ich schließlich einen Jahresvertrag in einem privaten Wohnheim abgeschlossen. Die Uni bietet zwar „Notunterkünfte“ für Studis ohne Zimmer an, jedoch kostet dort eine Nacht zwischen 300 und 600 NOK (10 NOK = 1 €).
Ich würde es nicht empfehlen einen Jahresvertrag abzuschließen, da es wahnsinnig schwierig ist im Januar eine*n Untermieter*in zu finden. Ich musste im Januar doppelt Miete bezahlen und habe schließlich ab Februar eine Person gefunden. Die Mieten sind sehr hoch, zwischen
4000 und 6000 NOK für ein Zimmer. Der Großteil der Erasmus Studierenden hat jedoch ein Zimmer von SIT erhalten, die meisten internationale Studis wohnen in Moholt Studentby oder Steinan Studentby. Moholt liegt zwischen den beiden größten Campi der NTNU: Dragvoll (v.a. Sozial-und Geisteswissenschaften) und Gløshaugen (v.a. Natur- und Ingenieurwissenschaften) und hat eine gute Bus- und Radverbindung zu diesen und in die Innenstadt. Hier ist ziemlich viel los und daher ist es oft auch sehr laut. Zudem liegt es ziemlich auf einem Berg, also mit dem Fahrrad hochfahren ist immer sehr anstrengend. Wenn du es lieber ruhig hast, würde ich dir Steinan empfehlen, das ist zwar sehr weit weg von allem, aber du bist schnell in Wäldern und hast es so auch sehr ruhig.

 

Studium an der NTNU

Die NTNU ist die größte Universität in Norwegen, mit ca. 40.000 Studierenden. Die Module an der NTNU haben entweder 7,5 ECTS oder 15 ECTS, also werden meistens zwei oder vier Kurse belegt. Ich war zu Beginn wahnsinnig motiviert, da es so viele interessante Kurse gab, dass ich mit sechs Kursen gestartet habe, jedoch am Ende doch nur vier Prüfungen mitgeschrieben habe, da der Aufwand für die einzelnen Kursen dann doch sehr hoch ist, teilweise mit wöchentlichen Assignments oder Vorträgen. Das Niveau der Kurse ist sehr hoch und ich habe wahnsinnig viel gelernt.
Ich habe Biodiversity and Conservation Biology, Natural Resources Management, Ocean space: Marine Biogeochemical Processes, Climate Change Mitigation und Landscape, Planning and Management belegt. Ich kann alle der Kurse weiterempfehlen. Im Kurs „Natural Resources Management” ist ein Fieldtrip nach Oppdal und den nahegelegenen Dovrefjell-Sunndalsfjella Nationalpark integriert, wo es um Cabin und Nationalpark Management ging. Zudem werden für die Austauschstudierenden Norwegisch Kurse angeboten, hier habe ich einen der heiß begehrten Plätze ergattern können. Leider war der Kurs eher enttäuschend, was vermutlich größtenteils daran lag, dass unsere Lehrerin nach der ersten Stunde krank wurde und wir daraufhin jede Stunde eine andere lehrende Person hatten, wodurch die Inhalte nicht mehr aufeinander aufgebaut haben. Das Verhältnis zu den Dozierenden ist sehr gut und weniger hierarchisch als im deutschen Unisystem.

Alltag und Freizeit

Blick in einen Fjord
Blick in einen Fjord
Foto: Samuel Sellmaier

Das Leben in Norwegen ist sehr teuer. Das Erasmus Geld geht schon für die Miete drauf, daher kannst du ohne weitere Unterstützung dort eigentlich nicht leben. Die Preise für Essen sind vergleichbar mit der Schweiz. Zudem hat die Uni keine Mensa, sondern nur Cafeterias, wo dann ein Essen jedoch um die 8 € kostet, je nachdem wie viel du essen willst. Daher habe ich eigentlich immer selbst gekocht. Es gibt eine große Foodsharing-Szene in Trondheim und mehrere Fairteiler, an denen du dir kostenlos Essen abholen kannst, welches nicht mehr von den Supermärkten verkauft wird. Zudem gibt es zweimal die Woche die sogenannte Folkekjøkken, in der mit dem abgeholten Essen zusammen gekocht wird. Das ist eine tolle Möglichkeit aus der Erasmusblase herauszukommen und viele nette Menschen kennenzulernen.

Die Landschaft um Trondheim ist wahnsinnig schön. Du kannst direkt aus der Stadt loslaufen in Wälder, aber die Uni hat auch mehrere Hütten in Trøndelag verteilt, die von Studis sehr günstig gemietet werden können (ca. 40 NOK/ Nacht). Vor allem in den Sommermonaten kann ich das sehr stark empfehlen.

Wenn dir das Meer und die Berge um Trondheim nicht ausreichen, hat SIT eine wahnsinnig große Sportauswahl, sowie einige Fitnessstudios in der Stadt verteilt. Es gibt auch Wander-, Ski- und Klettergruppen, mit denen du gemeinsam Touren machen kannst.

 

Fazit

Insgesamt hatte ich eine wahnsinnig tolle Zeit in Trondheim, vor allem in den ersten (Sommer-)Monaten. Die Dunkelheit und Kälte haben mir dann ab Mitte November doch stärker aufs Gemüt geschlagen, als ich es mir zuvor vorgestellt hatte. Wenn du aber die „hellen“ Stunden ausnutzt und raus gehst (und natürlich abends zum Nordlichter schauen), ist das halb so wild.

Auch empfehle ich dir auf jeden Fall das Orientierungsprogramm in der Ersti-Woche mitzumachen, hier habe ich wahnsinnig tolle Menschen kennen gelernt. Leider werden hier internationale und norwegische Studierende getrennt, daher ist es relativ einfach in einer Erasmusblase zu enden. Aber wenn du dich in der Stadt umsiehst, gibt es einige tolle Orte und Projekte, bei denen du internationale und norwegische Menschen kennen lernen kannst. Nutze auf jeden Fall die Cabins aus und gehe wandern.

 

Kontakt: samuel.sellmaier@posteo.de