Die Geschichte des Observatoriums

Die Geschichte des Observatoriums ist eng verknüpft mit der Entwicklung der seismologischen Forschungsarbeiten in Jena. Daher soll hier kurz die Historie seit 1898 skizziert werden (s.a. Güth et al., 1974; Unterreitmeier, 1997).

Die Zeit vor 1923:

"Ich werde bemüht sein, auch in Jena eine Erdbebenstation ins Leben zu rufen."
Mit diesem Satz informierte 1898 Heinrich von EGGELING, der Kurator der Universität Jena, Georg GERLAND (1833-1919) über bevorstehende Veränderungen.

Als Standort der neuen seismologischen Station wurde der ausgebaute Kellerraum des Physikalischen Instituts gewählt. Rudolf STRAUBEL (1864-1943), ein Schüler u.a. von Ernst ABBE (1840-1905), wurde der Leiter der neuen Station.

Im Jahre 1902 wurde das Physikalische Institut verlegt, so dass auch ein neuer Stationsort gesucht werden mußte. Unter Mitwirkung von Ernst ABBE wurde beschlossen, die seismologische Station in 10m tiefen Räumen im Bundsandstein unter die Sternwarte umzusetzen. Gleichzeitig wurde das Instrumentarium erweitert und verbessert, so dass sich die Jenaer Station im Jahre 1904 als Hauptstation bezeichnen durfte. Als ein bedeutendes neues Instrument wurde der WIECHERT-Seismograph (1200 kg) im gleichen Jahr angeschafft.

Ab 1905 wurde auch der verbesserte STRAUBELsche Vertikalseismograph eingesetzt. Im Gegensatz zum WIECHERT-Pendel zeichnete er auch die ersten Einsätze von schwachen Fernbeben scharf auf. Der Versand der seismischen Monatsberichte erfolgte ab April 1905. Die folgende Zeit war geprägt durch die Arbeiten von Otto EPPENSTEIN (1876-1942). Er gab dem STRAUBELschen Seismographen seine endgültige Form und beschäftigte sich intensiv mit der experimentellen Erfassung von Schwankungen der Lotlinie. Im Jahre 1913 konnte das von STRAUBEL mehrfach umgebaute Zwei-Komponenten-REUBEUR-EHLERT-Pendel zur Erfassung von Lotschwankungen aufgestellt werden. Die optische Registrierung mit der STRAUBEL-Lampe fand nicht nur in der Seismometrie Anwendung, sondern wurde auch in Zusammenarbeit mit der Firma CARL ZEISS und dort entwickelten optischen Systemen genutzt.

Das Ende des ersten Weltkrieges leitete auch für die Jenaer Station eine neue Entwicklungsphase ein. Die Leitung übernahm 1919 Oskar HECKER (1864-1938), der als Nachfolger von GERLAND (Leiter der Kaiserlichen Hauptstation für Erdbebenforschung in Straßburg) einen Ort für den Neuaufbau einer Zentralstation suchte. Schließlich wurde Jena gewählt, "weil es ungefähr in der Mitte Deutschlands liegt" und eine vollausgerüstete Station mit Werkstatt zur Verfügung stand. Mit HECKER zog auch August SIEBERG (1875-1945) mit nach Jena.

Die Jahre 1923-1945:

Am 4.September 1923 wurde durch eine Verordnung des Präsidenten des Deutschen Reiches Friedrich EBERT eine "Reichszentrale für Erdbebenforschung mit Sitz in Jena" errichtet. Zum Leiter wurde HECKER und zum "wissenschaftlichen Hilfsarbeiter" SIEBERG ernannt.

Die neugegründete Zentrale konnte in den folgenden Jahren auch bezüglich des wissenschaftlichen Personals erweitert werden. So wurde im Jahre 1924 Otto MEISSER (1899-1966), ein Schüler von Max Wien, für Forschungsvorhaben der Angewandten Geophysik eingestellt. Im Oktober 1924 wurde Gerhard KRUMBACH (1895-1955) Regierungsrat mit den Arbeitsbereichen Mikroseismische Forschung und Betreuung der Erdbebenstation. Im Oktober 1925 konnte die Angewandte Geophysik zusätzlich durch Hans MARTIN verstärkt werden.

Im Jahre 1932 trat der Direktor HECKER in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde der zunächst mit der kommissarischen Leitung beauftragte SIEBERG.Damit wurde die seismologische Forschung verstärkt und gleichrangig neben die Angewandte Geophysik gestellt. Für die Abteilung Makroseismik wurde am 1.April 1934 Wilhelm SPONHEUER eingestellt.

Die Zeit nach 1945:

Am 1. Oktober 1945 wurde das Institut der Friedrich-Schiller-Universität angegliedert. Am 18. November 1945 verstarb SIEBERG und im Mai 1946 wurde KRUMBACH zum neuen Direktor ernannt und im gleichen Jahr erfolgte die Eingliederung des "Zentralinstituts für Erdbebenforschung" in die Deutsche Akademie der Wissenschaften (DAW).

Mit der Gründung der DDR am 7.Oktober 1949 wurden weitere Aufgaben dem Institut übertragen und zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Damit wurde die Notwendigkeit ein neues Gebäude zu bekommen, immer dringender.

Von 1954 bis 1956 wurde im Burgweg 11 nach Plänen von KRUMBACH das neue Institutsgebäude errichtet. Am 25.6.54 fand die Grundsteinlegung statt, wobei eine Kassette mit einigen Tageszeitungen, Münzen und einem Bild der damaligen Belegschaft eingemauert wurde. Das Institut erhielt den Namen "Institut für Bodendynamik und Erdbebenforschung". Wegen der hohen Empfindlichkeit der neuen, von ULLMANN und TEUPSER entwickelten Seismographen mussten diese Geräte zunächst im Fröbelstieg verbleiben und ein anderer Ort außerhalb der Stadt gesucht werden. Nach KRUMBACHS Tode im Jahr 1955 wurde zunächst sein Stellvertreter Friedrich GERECKE und bereits im April 1956 MARTIN zum Institutsdirektor ernannt.

MARTIN befasste sich mit Fragen der Angewandten Geophysik und insbesondere mit Pendelmessungen. Neben Schwingungsmessern konstruierte er auch eine Schlauchwaage, die zur Sicherung großer Bauwerke eingesetzt wurde. Nach MARTINS Pensionierung wurde sein Stellvertreter SPONHEUER mit der Leitung des Instituts beauftragt. Jetzt lagen die Arbeitsschwerpunkte ganz bei seismologischen Fragestellungen. Bedingt durch die hohe industrie- und verkehrsbedingte Bodenunruhe in Jena wurde nach einem anderen, außerhalb der Stadt gelegenen Stationsort gesucht. Nach geologischen Gesichtspunkten und Prüfungen der Bodenunruhe wurde 1956 vom Akademiemitglied Fritz DEUBEL ein Baugelände südlich von Pößneck nahe der Ortschaft Moxa empfohlen.

Die Jahre 1964-1996:

Die Seismologische Station Moxa wurde als Bestandteil der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 1. Januar 1964 offiziell in Betrieb genommen. Zunächst existierte lediglich der jetzige Zentralbau, über den der Zugang zum Stollen erfolgt. Die Anlagen in Moxa sind 1966 durch ein Notstromaggregat und das zugehörige Gebäude erweitert worden. Im Jahre 1978 wurde der Stationsbau durch zwei etwa gleichgroße Flachbauten, den Nord- und den Südbau, weiter ausgebaut.

Von 1964 bis zur politischen Wende 1989/90 wurde im Observatorium vor allem Seismometrie betrieben. Die in Jena entwickelten und konstruierten Seismometer wurden in Moxa getestet und im Dauerbetrieb eingesetzt. Natürlich bestand für die damalige Seismologische Station, deren Namen sich mehrfach änderte, eine Hauptaufgabe in der Aufzeichnung und Meldung von Erdbeben, wobei eine erste Auswertung eingeschlossen war. Neben den Erdbeben waren auch Nukleartests und andere seismische Ereignisse von Interesse. Hier muss insbesondere der wissenschaftliche und administrative Leiter der Station, Christian TEUPSER (1928-1991), gewürdigt werden, der 25 Jahre lang die Station weiter entwickelte: Moxa war sein Lebenswerk (pers. Mitt. Horst NEUNHÖFER). 

Die Station konnte im Jahre 1992 an das Deutsche Regionale Seismologische Netz (GRSN: German Regional Seismological Network) angeschlossen werden. Damit war nun auch ein STS-2 Seismometer mit der im Netz üblichen Datenerfassung vorhanden. Einige Jahre später konnte die Seismologie in Kooperation mit der Zentralstation in Erlangen um ein langperiodisches STS-1 erweitert werden.

Die Jahre 1997-2009:

Im Jahr 1997 wurde, im Zusammenhang mit der Einrichtung des Lehrstuhls für Angewandte Geophysik (Prof. G. Jentzsch) am Geowissenschaftlichen Institut in Jena, mit der Um- und Neugestaltung der Seismologischen Station Moxa in ein modernes geodynamisches Observatorium begonnen. Neben den notwendigen Renovierungsarbeiten, beispielsweise die Erneuerung der Heizungsanlage und der gesamten elektrischen Versorgung des Stationsgebäudes, wurden Vorbereitungen zur Installation neuer Messgeräte getroffen.

So konnten auf dem Stationsgelände zwei 50 m tiefe Bohrungen und ein 100 m tiefes Bohrloch niedergebracht werden. Hier werden die hochempfindlichen ASKANIA Bohrlochneigungsmesser eingesetzt. Weiterhin wurde die Stollenwand aufgebrochen und ein fast horizontales Bohrloch für den Diagonalstrain eingebracht. Durch dieses Bohrloch wird eine Erweiterung der bestehenden, orthogonalen Quarzstrainmeter um die dritte Komponente, die als Laser-Strainmeter ausgelegt ist, vorgenommen. Damit wird die Bestimmung des gesamten Flächenstrains redundant ermöglicht.

Eine bedeutende experimentelle Erweiterung besteht in der Anschaffung eines eigenen Supraleitenden Gravimeters (SG) und dessen Installation in Moxa. Mit dem neuen 2-Kugel SG CD-034, das seit Ostern 1999 kontinuierlich registriert, gehört das Observatorium zu den ca. 30 Stationen weltweit, die über derartige Geräte verfügen. Damit wird die derzeit genaueste Vermessung der zeitlichen Schwerefeldänderungen der Erde ermöglicht und somit auch die Einbindung des Observatoriums in internationale Projekte, beispielsweise GGPExterner Link (Global Geodynamics Project), garantiert.

Parallel zu allen Erweiterungsmaßnahmen wurden die seit 1964 kontinuierlich vorgenommenen seismologischen Beobachtungen und Auswertungen erfolgreich weitergeführt, so dass Moxa nachwievor eine wichtige Station des Deutschen Seismologischen Netzes (GRSNExterner Link) bleibt. Im Rahmen dieser Arbeiten existieren auch gute Kontakte zum Seismologischen Zentralobservatorium Gräfenberg (SZGRFExterner Link).

 

Die Zeit seit 2010:

Seit April 2010 ist der Lehrstuhl für Allgemeine Geophysik mit Frau Prof. Dr. Nina Kukowski besetzt und das Observatorium ist diesem Lehrbereich zugeordnet. Im Zusammenhang mit der Berufung von Frau Kukowski konnten weitere, zusätzliche Messsysteme in Moxa installiert werden. So registrieren jetzt zwei neue Laser-Strainmeter (Firma SIOS, Ilmenau) parallel zu den bereits vorhandenen Quarzrohr-Strainmetern. Die Laserstrahlen laufen dabei durch zwei abgedichtete Schutzrohre, die hängend über den Quarz-Systemem angebracht sind. Zusätzlich werden an den Strainendpunkten, sowie im Stollenknie jetzt auch die Grundwasserstände mit beobachtet.

Darüber hinaus sind zwei weitere Bohrungen auf dem Gelände vor dem Observatorium im Jahr 2013 niedergebracht worden. Hier wurden eine Temeraturfaser sowie Pegelmesser installiert. In Ergänzung mit dem bereits 2009 insatlliertem Schneekissen auf dem Observatoriumsdach, soll damit u.a. noch detaillierter die lokale Hydrosituation beobachtet und interpretiert werden.