Auslandssemster Ben Gurion University of the Negev; Be`er Scheva; Israel

Jonas Ruppert
Der Felsendom in Jerusalem
Der Felsendom in Jerusalem
Foto: Jonas Ruppert

Mir fällt das Schreiben des Erfahrungsberichtes leider nicht ganz einfach. Ich hatte auf jeden Fall ein erfahrungsreiches Semester in Be`er Scheva. Das bezieht sich sowohl auf das Studieren selbst als auch auf das Studentenleben abseits der universitären Verpflichtungen. Jedoch gab es auch einige nicht so bejahende Eindrücke.

Zuallererst zu meiner Wohn- und Studiersituation: Während ich direkt neben dem Hauptcampus der Universität in einem Wohnheim untergekommen bin, befand sich der Campus, an welchem ich fast alle meine Vorlesungen hatte, etwa 1,5 Stunden entfernt inmitten der Wüste Negev. Denn dieser Campus – der Sde Boker Campus – beheimatet das Jacob Blaustein Institut for Desert Research und ist somit der Campus für die Vorlesungen und Forschung bezüglich Desert Studies, Hydrologie, Geologie und Teile der Biologie. Ein Rat, den ich daher gerne weitergeben würde, ist bereits mit der Bewerbung auf einen Wohnheimplatz auf diesem Campus zu bestehen und sich auch nicht von den Koordinatoren abwimmeln zu lassen. Zwar gibt man so Be`er Scheva als Ort mit ein wenig mehr Leben, Aktivitäten und besseren Anbindungen auf, aber dafür spart man sich das fast tägliche Pendeln und lebt mit den Menschen zusammen, mit denen man auch studiert. Zudem ist der Campus wunderschön angelegt und ragt über Klippen in den des Nationalpark Ein Avdat hinein.

Blick von Sde Boker nach Ein Avdat
Blick von Sde Boker nach Ein Avdat
Foto: Jonas Ruppert

Mein Wohnheim in Be`er Sheva selbst reichte vollkommen zum Studieren aus. Anders als es in Sde Boker der Fall wäre (Apartments), lebt man hier in dorms. Da die Austauschstudenten zum Großteil hier wohnen fiel das Kennenlernen und Hereinfinden in das Auslandssemester nicht schwer. Was hier allerdings zu beachten ist, ist, dass durch zwei verschiedene Semesterstarts - die Geisteswissenschaften beginnen bereits im September, während ich erst Ende Oktober begann - ein Großteil der Austauschstudenten aus anderen Fakultäten sich zu Weihnachten schon wieder auf den Rückweg machten und es etwas leer im Wohnheim wurde.

Für das Studieren steht eine große Modulauswahl an Mastermodulen zur Verfügung, die alle auf Englisch angeboten werden. Gerade auf dem Sde Boker Campus studiert man hierbei mit Menschen aus aller Welt zusammen. Ich hatte aber auch einen Kurs, der meinetwegen ohne Probleme von Hebräisch auf Englisch wechselte. Wie bereits erwähnt, ist die theoretische Modulauswahl sehr groß, jedoch habe ich persönlich anfänglich viel gewechselt bzw. wechseln müssen, da nicht alle Kurse in dem Semester vorhanden waren, sich zu wenig Studenten angemeldet haben, aufgrund zeitlicher Überschneidungen oder da meine Vorkenntnisse in dem Themengebiet zu gering waren. Generell gab es nach meinem Empfinden große Unterschiede zwischen den Modulen das vermittelte Wissen, die Wissensvermittlung sowie den Arbeitsaufwand betreffend. Während einige Module einem Einführungskurs im Bachelor glichen, merkte man anderen stark die Spezifikation an. Ich belegte hier neben Biology and Biotechnology of Microalgae und Remote Sensing for Agriculture Rangleland and Forestry die sehr zu empfehlenden Kurse Conservation Ecology, Hydrometeorology und Marine Sedimentology: Collection, Description and Interpretation of Red Sea Sediments. Vor allem zu einem Intensivkurs wie den zuletzt genannten am Roten Meer kann ich nur raten. Zwar war der Workload ziemlich groß, aber die Mischung zwischen praktischer und theoretischer Arbeit an dem direkt am Meer gelegenen Campus von Eilat war sehr spannend.

Auf dem Forschungsschiff des Campus Eilat
Auf dem Forschungsschiff des Campus Eilat
Foto: Jonas Ruppert

Der Campus und die Stadt Be`er Sheva bieten einiges an Möglichkeiten für das Studentenleben. Neben der bereits erwähnten guten Ausgangslage für Trips nach ganz Israel verfügt die Uni über ein ordentliches Angebot an Sport- und Schwimmanlagen und -kursen, Festivals und Veranstaltungen sowie ein Kino am Campus. Auch die Stadt an sich lädt mit Kneipen, Festivals, Kinos und einer Boulderhalle zu Besuchen ein. Auch werden über das Semester verteilt viele Veranstaltungen speziell für die Austauschstudenten organisiert. Beispielsweise wurden vom Organisationsteam gemeinsame Feiern, Trips nach Masada, in die Negev oder nach Mea Shearim - dem streng orthodoxe Viertel von Jerusalem – geplant. Generell ist das Organisationsteam sehr rührig und in jeder Lage schnell hilfsbereit gewesen. Auch ein guter Tipp ist der wöchentliche Language Table, der eine sehr gute Gelegenheit bietet, um andere internationale und israelische Studenten kennenzulernen. Leider bin ich selbst erst relativ spät darauf gestoßen. Um richtig Hebräisch zu lernen eignet sich dieser Termin wahrscheinlich nur begrenzt. Hierfür veranstaltet die Universität extra für die internationalen Studenten einen Einsteigersprachkurs, zu welchem ich aber aufgrund von Kursüberschneidungen nicht viel sagen kann. Sicherlich ist dieser empfehlenswert zum tieferen Eintauchen in das Land, aber er ist auf keinen Fall unbedingt notwendig, um sich in Israel zu verständigen.

Israel an sich ist ein sehr schönes und interessantes Land, vor allem wenn man sich für die Kulturen und Geschichte des Landes begeistert sowie in die atemberaubenden Landschaften eintauchen will. Orte wie Jerusalem, Hebron, das Tote und das Rote Meer, Tel Aviv, Jericho oder die Negev sind sehr sehenswert und durch die geringe Größe des Landes, die Zentrale Lage von Be`er Scheva und dem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr einfach und schnell zu erreichen. Auch das Reisen in das Westjordanland läuft zwar häufig etwas abenteuerlicher ab, aber dennoch immer problemlos.

Sonnenuntergang am Eilat Campus
Sonnenuntergang am Eilat Campus
Foto: Jonas Ruppert

Leider ist das Land auch recht teuer. Abseits von Bahn und Bus liegen die Preise über denen hierzulande. Allerdings sollten mit einem ErasmusPlus-Stipendium trotzdem keine Geldsorgen auf einen zukommen. Noch ein Tipp zum Schluss: Spare nicht an warmen Klamotten. Gerade in den Wintermonaten sind die niedrigen Temperaturen nicht zu unterschätzen, aber auch im Sommer ist die AC meist voll aufgedreht.

Alles in allem war das Semester zwar teilweise ein wenig durchwachsen, aber auch voll von schönen Erinnerungen. Das Wissen und die Eindrücke aus den Modulen über Conservation Ecology und Marine Sedimentology of Red Sea Sediments werden mich noch lange begleiten. Ebenso wie die Trips in die wunderschönen und von jahrtausendealter Geschichte geprägten Städte und Gegenden des Landes. Während es innerhalb von Austauschprogrammen in Europa häufig vor allem andere Menschen vom selben Kontinent sind, hatte ich hinzukommend auch die Möglichkeit Menschen aus der ganzen Welt kennen zu lernen.