Auslandssemester an der​ University of Navarra, Spain

Hannes Stengel (WiSe 2021/2022, Fachbereich Umweltwissenschaften / Biowissenschaften)

Auslandssemester an der Universidad de Navarra

University of Navarra

Foto: Hannes Stengel

Die Universität

Die Universidad de Navarra (UNav) ist eine katholische Privatuniversität mit rund 12.000 Studierenden (27.8% international students) und rund 6000 Angestellten mit Hauptcampus in Pamplona, Navarra, Nordspanien. Sie wurde 1952 von St. Josemaría Escrivá, dem Gründer der katholischen Ordensgemeinschaft Opus Dei, gegründet, und gehört zu den zweifelsfrei forschungsstärksten und renommiertesten Universitäten Spaniens. Zuletzt wurde sie in diversen Rankings als #1 in Spanien bezüglich „Employability“ (QS 2020) und „Employer Reputation“ (QS World Ranking) ausgezeichnet und gehört gemäß dem THE Ranking in 7 Forschungsbereichen zu den besten Universitäten weltweit (Stand 02.01.2022). Jährliche Studiengebühren reichen für heimische Studierende i.d.R. von 10.000 € bis 35.000 €, und wer ein Erasmus-Auslandssemester an der UNav anstrebt, sollte sich sowohl der katholischen Prägung der Universität, als auch deren hohen akademischen Anforderungen bewusst sein.

Navarra, die Stadt Pamplona & der Universitätscampus

Navarra liegt im äußersten Norden Spaniens und grenzt an die spanischen Provinzen „La Rioja“, „País Vasco“, „Aragón“ sowie im Norden an Frankreich.
Obwohl es sich um eine vergleichsweise kleine spanische Provinz handelt, gibt es für abenteuerlustige Studenten Unmengen an abwechslungsreicher Natur und Lokalgeschichte zu entdecken. Vom Gebirge der Pyrenäen erstrecken sich die Sehenswürdigkeiten über Urwälder, Schluchten, Steppe und Wüste bis zu mittelalterlichen Palästen und kleinen Bergdörfern.
Pamplona ist mit 200.000 Einwohnern und zwei Universitäten eine mittelgroße und junge Universitätsstadt, und als größte Stadt der autonomen Provinz Navarra auch Verwaltungssitz und kulturelles Zentrum derselbigen.
Wer sich für kulturelle, geschichtliche wie auch kulinarische Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse begeistern kann, wird in Pamplona zweifelsfrei auf seine Kosten kommen.
Der Universitätscampus der UNav ist im Südteil der Stadt angesiedelt und ist mit 113 Hektar Fläche zugleich der größte Park der Stadt. Der Jakobsweg führt direkt über den Campus an der Universität vorbei und neben den Instituten und Colegios Mayores (Studentenunterkünfte) sind auch die beiden universitätseigenen Museen für Kunst und Naturwissenschaften direkt auf dem Campus angesiedelt.

Planung & Unterkunftsmöglichkeiten

Wer sich für ein Auslandssemester an der UNav interessiert sollte schon früh mit der Planung seines Auslandsaufenthaltes beginnen. Vorlesungszeiten in Spanien weichen deutlich von unseren Vorlesungszeiten in Deutschland ab und das sollte man unbedingt in der Planung berücksichtigen (für mich begann die Vorlesungszeit des „fall semester“ am 01.09.21 und die Klausurenphase endete am 22.12.21). In meinem Fall mussten das Modul „Bio-Geo-Interaktionen II“ sowie die Geländeübung der „Limnologie II“ in das 6. Semester geschoben werden.
Der Modulkatalog mit belegbaren Modulen für Austauschstudierende wurde mir wenige Wochen vor der Modulanmeldung per E-Mail zugeschickt. Im Fall der Faculty of Sciences war es erlaubt, max. 30 ECTS zu belegen, von welchen bis zu 12 ECTS auch aus dem Angebot anderer Fakultäten gewählt werden konnten. Die Modulanmeldung gestaltete sich für mich recht unproblematisch, aber man sollte bereits im Voraus alle Module auswählen, die man belegen möchte, und sich bei Fragen (insbesondere zu Inhalt und Stundenplan) frühzeitig bei der Koordinatorin der Partneruniversität melden.
Die wählbaren Module besitzen meistens eine Obergrenze von 3-5 Plätzen für Exchange Students, daher sollte man sich bei der Belegung unbedingt beeilen, um auch an seinen Wunschmodulen teilnehmen zu können. Praktika und Exkursionen sind zeitlich nicht mit angegeben und sollten auf Nachfrage mit der Uni geklärt werden, um Überschneidungen zu vermeiden.
In vielen Fällen kommt es nachträglich noch zu Stundenplanänderungen. So musste ich z.B. das Modul „Evaluación del Impacto Ambiental“ (Env. Impact Assessment) gegen die Module „Data Analysis“ und „Environmental Risks“ tauschen. Die Umbelegung war jedoch problemlos möglich und ich habe von den Dozenten genannter Module und der Koordinatorin für Austauschstudenten große Hilfe dabei erhalten.
Eine Anrechnung aller belegten Kurse für mein Studium an der FSU war möglich.

Die Wohnungssituation in Pamplona ist aufgrund einer großen Zahl an Studierenden schwierig, und die Wohnungspreise auch um ein Vielfaches höher als man es aus Jena gewohnt ist (meist 500 € - 1200 € / Monat, das Erasmus-Stipendium allein ist NICHT ausreichend zur Deckung der Lebenshaltungskosten). Die Colegios Mayores sind vergleichbar mit Studenteninternaten, (meist) direkt auf dem Campus angesiedelt, aber auch sehr teuer. Ich habe meinen Wohnplatz bei CampusHome erhalten (650 € monatlich, Servicestufe II, Warmmiete, 4-er WG), welcher aber von Ausstattung und Service mindestens genauso elitär war wie die Universität.
Der Preis beinhaltete Zimmerreinigung, Waschen & Bügeln, Küchenhilfe, House Manager und 24h Maintenance. CampusHome ist eng mit der Universität affiliiert und wie bei den Colegios Mayores steht im Vordergrund, den Studenten ein perfektes Studienerlebnis / eine perfekte Lernumgebung zur Konzentration aufs Studium zu ermöglichen.
Wöchentliche Trips und Events von CampusHome (Ski-Fahren, Surfen, Vorträge von angesehenen lateinamerikanischen Firmengründern, Städtetouren und Reisen in die Natur) bieten ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm, um am Wochenende auch mal runterfahren zu können (Spanischkenntnisse erforderlich!).
Die Bewerbung fand über ein selbstaufgenommenes Vorstellungsvideo statt und die Mitbewohner wurden von CampusHome über einen verpflichtenden Persönlichkeitstest und persönliche Präferenzen ausgewählt. Ich habe mit CampusHome und meinen Mitbewohnern eine Menge positiver Erfahrungen sammeln können und kann es vollends weiterempfehlen.

Das Studium

Das Studium an der UNav ist nur wenig mit dem Studium an der FSU vergleichbar.
Das Studium ist kompakt und der Arbeitsaufwand kann je nach Modul auch deutlich höher ausfallen als man es aus Jena gewohnt ist. Module sind in englischer und spanischer Sprache belegbar, aber auch wenn man englischsprachige Module wählt, kann es vorkommen, dass Lektürematerial nur auf Spanisch verfügbar ist oder besonders schwierige Themen vom Professor noch einmal auf Spanisch erklärt werden.
Exkursionen sind standardmäßig auf Spanisch, wenn auch manche Professoren ein Dolmetschen auf Englisch anbieten. Ein Spanisch-Niveau von mindestens B1 ist im Sinne von Studium und Wohnheim sehr empfehlenswert, allerdings hatte ich auch ausländische Kommilitonen, die auch mit nur grundlegenden Spanischkenntnissen ihr Auslandssemester ganz gut bestehen konnten. Hürden existierten dennoch, besonders da die einheimische spanische Bevölkerung im Vergleich zu nordeuropäischen Ländern kaum über Englischkenntnisse verfügt.
Neben Abschlussklausuren gibt es über das Semester verteilt unzählige Klein-Noten wie wöchentliche Kurztests, Referate, Gruppenarbeiten, Essays, Case Studies, etc., woran man sich in den Naturwissenschaften erst einmal gewöhnen muss. Finale Modulnoten setzen sich meist aus einer Klausur (~ 50%) und 2 – 5 weiteren kleinen Leistungen aus dem oben genannten Pool zusammen. Es gibt keine Trennung zwischen Vorlesungen und Seminaren, und Mitschriften im Unterricht und auf Exkursion sind ein „Muss“, wenn man die Module mit vernünftigen Noten abschließen möchte. Es ist ebenso empfehlenswert, schon zu Semesterbeginn mit dem Lernen anzufangen und sich auf die Vorlesungen und Exkursionen inhaltlich vorzubereiten (ich hatte eine unangekündigte Teilklausur auf der Rückfahrt von einer Exkursion im Bus nach einer halbtägigen Exkursion im Regen). Midterm-Exams können in manchen Modulen auch vorkommen.

Hierarchische Strukturen sind flach (Studenten adressieren die Professoren oft mit Vornamen), und gerade als Austauschstudent wird man von den Dozenten unterstützt und mit Freude in den Kurs aufgenommen.
Gibt es Fragen oder Probleme findet man immer ein offenes Ohr, und wird recht unkompliziert von allen Seiten beraten, um den Auslandsaufenthalt an der UNav zu einem Erfolg zu machen (tatsächlich hatte ich vor Ort erste Beratungsgespräche auf Einladung von Professoren noch bevor ich überhaupt mit meiner Austauschkoordinatorin und meinen Kommilitonen in Kontakt gekommen bin).
Neben den Standardmodulen gibt es noch vielfältige Museums- und Seminarveranstaltungen von Politik über Klimawandel und Nachhaltigkeit bis hin zu Geschichte und Soziologie (auf Spanisch, versteht sich) und jeder, ganz gleich ob auf der Suche nach Fachwissen oder einem Funken Spiritualität kann mit ausreichend Eigeninitiative auf seine Kosten kommen.
Fachbereiche, die besonders für Biogeowissenschaftler interessant sein dürften, wären u.a. „Waste Treatment“, „Air Pollution“, „Agricultural Biology & Soil Science“ oder „Biodiversity Data Analysis & Environmental Quality“. Ich hatte mich für mein Auslandssemester vorwiegend für angewandtere Module und Module aus Fachbereichen entschieden, die in Jena nicht hätten belegt werden können.

Studieren unter Covid-Bedingungen

Trotz Corona-Pandemie wurden alle Veranstaltungen in Präsenz durchgeführt, eine willkommene Abwechslung nach drei Online-Semestern in Jena.
Als ich mein Semester an der UNav begonnen hatte, hatten sich die autonome Region Navarra und die Universität gerade erst von einer Corona-Welle erholt und kurz vorher die Covid-Regelungen gelockert. Regelungen (abgesehen von einer allgemeinen Maskenpflicht in sämtlichen universitären Gebäuden) gab es wenige, wurde doch vor allem auf das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen gesetzt.
Sitzplätze in Aufenthaltsräumen, Studiensälen, Klassenzimmern und den Bibliotheken waren mit zweifarbigen Markern versehen, um je nach aktuellen Vorgaben die 1,5-Meter- oder 2-Meter-Abstandsregeln einhalten zu können.
Desinfektionsmittel für Hände und Studienplätze stand überall zur freien Verfügung. Kontrolle der Regelungen fand stichprobenartig durch Campuswachen und Bibliotheksmitarbeiter statt.
Vor Antritt des Studiums wurde von der Universität der Impfstatus abgefragt und allen Studenten, die noch nicht über eine vollständige Impfung verfügten, wurde ein entsprechendes Impfangebot gemacht. PCR- und Schnelltests waren nach vorheriger Anmeldung auf dem Campus und in Universitätskliniken möglich.

Obwohl in der Stadt bis gegen Studienende keine offizielle Maskenpflicht herrschte, ging ~ 90% der Bevölkerung aller Altersklassen nur mit FFP2-Maske auf die Straße.
Auch beim Essengehen mit Kommilitonen in den unzähligen kleinen Lokalen der Altstadt wurden die Masken i.d.R. noch am Essenstisch aufbehalten und nur für ein paar schnelle Bissen unters Kinn geschoben. Änderungen der Covid-Verordnungen fanden meist spontan und ohne Vorlaufzeit binnen ein oder zwei Tagen statt.

Fazit

Ich habe mein Auslandssemester an der UNav sehr genossen und konnte unglaublich wertvolle persönliche Erfahrungen sammeln und großartige Leute kennenlernen, wie auch mein Fachwissen in vielen spannenden Modulen vertiefen.
Besonders die exzellente Betreuung seitens der Fakultät für Biowissenschaften und des internationalen Büros der FSU sowie meiner Bezugspersonen und Koordinatoren an der Partneruniversität (akademisch wie auch organisatorisch) wird mir besonders positiv in Erinnerung bleiben.
Wer offen ist, sich auf eine neue Kultur und Studienumgebung einzulassen und auch das ein oder andere Abenteuer erleben möchte, kann sich diesen Wunsch durch ein Auslandssemester an der UNav erfüllen.
Wer sich nach einem entspannten Urlaubssemester im sonnigen Süden sehnt und auf einfache Noten hofft, sollte die Wahl vielleicht noch einmal überdenken.
Ich bin sehr froh, an der Universidad de Navarra mein Erasmus-Auslandssemester verbracht zu haben und kann es vollkommen weiterempfehlen.

Bei Fragen schreibt mir gern eine Email an: hannes.stengel@uni-jena.de