Auslandsaufenthalt in Sevilla/Spanien im Herbst 2016

Martin Roggenbuck

AAD RISE weltweit Forschungspraktikum an der Estación Biológica de Doñana, Sevilla, Spanien

Überblick

Vom 08.08.2016 bis zum 16.10.2016 habe ich im Rahmen des „RISE weltweit"–Förderprogramm des Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) ein Forschungspraktikum absolviert. Die Gastgebereinrichtung war die Estación Biológica de Doñana (EBD) in Sevilla, einer großen, öffentlichen Forschungseinrichtung, die sich im Speziellen dem Nationalpark rund um das Feuchtgebiet der Doñana widmet. Meiner Betreuerin war Ana García Popa-Lisseanu. Sie ist Teil der Fledermaus-Arbeitsgruppe und untersucht ökologische Fragestellung u.a. mithilfe von stabilen Isotopen (Kohlenstoff-, Stickstoff- und Wasserstoff-Isotope), die Aufschluss über Nahrung und Trophiestufe geben können. Meine Tätigkeit war innerhalb eines Forschungsprojektes und bestand weitestgehend aus der Aufbereitung der Proben für die Isotopenanalyse, wobei ich sehr selbstständig gearbeitet habe und im Laborkollegium eingebunden war. Daneben nahm ich Teil an der regelmäßigen Messkampagne, in der auch Fledermäuse gefangen und beprobt wurden, und konnte einen guten Einblick in das Instituts-Leben nehmen. Persönlich hatte ich genügend Zeit die Landschaft und Kultur Südspaniens zu entdecken und am reichen kulturellen Leben Sevillas teilzunehmen. Meine Unterkunft und z.B. Sportkurse konnte ich vor Ort privat organisieren.

BGW-Erfahrungsberichte-Roggenbuck-Sevilla-Spanien
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Foto: Martin Roggenbuck

Das Forschungs-Projekt und meine Arbeit darin

Das Projekt in dem ich eingebunden war ist eine Grundlagenforschung über den Einsatz Isotopenmethoden für ökologische Fragestellungen; mit dem Ziel ein „Störgeräusch" zu erfassen. Und zwar konnte Ana Popa-Lisseanu in vorhergehenden Arbeiten einen Jahresgang in der Isotopensignatur ihrer Target-Organismen finden, der nicht ökologisch verknüpft zu sein schien. Die Hypothese dafür ist, dass Pflanzen auf die sommerliche Aridität in der Region mit physiologischen Maßnahmen (Schließen der Stomata) antworten, die eine veränderte Isotopensignatur bewirken. Diese veränderte Isotopenzusammensetzung setze sich dann über Ernährung im Nahrungsnetz fort und würde dann auch als Signal bei höheren Trophiestufen erkennbar sein. Mithilfe eines mehrmonatigen Experiments, in dem der Effekt von Bewässerung und Beschattung getestet wurde, und regelmäßigen Probenahmen von Vegetation, Insekten, Fledermäusen sollte diese Hypothese überprüft werden.

Meine Tätigkeit bestand in der Zeit überwiegend aus der Aufbereitung der Proben für die Analyse, was ein arbeitsintensiver und viel Konzentration und Sorgfältigkeit erfordernder Prozess ist. Ein typischer Arbeitsgang für eine Probe war so zum Beispiel: Die gleichmäßige Auswahl an Gewebe je Probenart, dem Homogenisieren mithilfe einer Schwingmühle, dem Abwiegen auf ein Mikrogramm genau. Mein Angelpunkt im Institut war daher hauptsächlich das stabile Isotopen-Labor. Das Arbeiten dort war sehr kollegial geprägt und angenehm und ich wurde so schnell integriert in den Alltag. Die für das Labor zuständige Technikerin Susana Carrasco Congregado war dabei sehr Willkommen heißend, hilfsbereit und hat mir auch häufig einen Einblick in ihre Tätigkeiten und den anderen Gerätschaften im Labor gegeben. Durchgehend als Kollegen hatte ich auch eine Gruppe von brasilianischer Austauschstudierenden. Da viele Doktoranden und Mitarbeiter am Institut immer mal wieder Arbeiten im Labor zu tun haben, hatte ich auch die Gelegenheit aus anderen Bereichen Menschen zu treffen und ins Gespräch zu kommen. Ich habe in Rücksprache mit meiner Betreuerin weitestgehend selbstständig gearbeitet und konnte in dieser Hinsicht die Zeiteinteilung und die tagtäglichen Aufgaben für mich selber bestimmen.

Neben der Arbeit am Institut nahm ich auch Teil an der Messkampagne im Nationalpark, die von Detlev Kelm von der Arbeitsgruppe durchgeführt wurde. Dort war ich mehrere Tage in der Feldstation untergebracht, die im Zentrum des Nationalparks liegt. Detlev war äußerst zuvorkommend und hat nebenbei viele Aspekte der Flora und Fauna gezeigt. Das Beproben der Fledermäuse – Haut, Haare, Kot – war sehr faszinierend: Der Kontakt mit den ansonsten selten so direkt wahrzunehmenden Tieren ist ziemlich besonders und es gab die Gelegenheit – bzw. aufgrund der Jahreszeit, in der adulte und juvenile Tiere kaum noch zu unterscheiden sind, waren wir gezwungen – viele subtile Merkmale zu betrachten. Die Fangmethode mit Stellnetzen verlief sehr routiniert und effizient, aber dahinter steckt natürlich sehr viel Geschick, Sorgfalt – eine Kunst für sich.
Außerhalb des Labors tat ich mir bei der Integration manchmal aber auch schwer und hatte wohl Hürden unterschätzt, die man nun mal im Ausland begegnet. Zum einen aufgrund der Sprachbarriere, die ich im Alltag häufig spürte, aber auch am Institut dafür sorgte, dass ich manchmal nicht den Anschluss bekam oder mich nicht so gut definieren und einbringen konnte, sei es beim Mittagessen im Gemeinschaftsraum (dem comodoro) oder wenn man sich Mitarbeitern vorstellt. Meine Spanischkentnisse waren aber eben nicht so fortgeschritten und Englisch ist es weniger üblich als ich es in Deutschland erlebt habe. Zum anderen waren die Strukturen im Institut etwas anders, z.B. gab es weniger „formale" Treffen wie wöchentliche Arbeitsgruppentreffen oder Kolloquien.

Persönliches, Wohnen, Danach

Der Sprung in ein anderes Land war einer der wichtigen Aspekte für mich dieses Praktikum zu machen. Spanien war mir über einige Freunde schon gut bekannt und kam mir dann vor allem aufgrund des Projektes in Frage.

Im Gegensatz zur mehrheitlich gebirgigen Landschaft Südspaniens liegt Sevilla inmitten einer großen Ebene, die vom Fluss Guadalquivir und einer intensiven Landwirtschaft geprägt wird. Erreicht man die Stadt im Sommer, fährt man aus allen Richtungen etwa eine Stunde über die trockenen, flurbereinigten Hügel der Provinz. Ein anderes Bild müsste man von der Hafenstadt bekommen, wenn man sie – wie in der Geschichte – wohl vielmehr über das Wasser erreicht: Dann würde man in den etwa 80 km zwischen Mündung und Stadt eine der größten Deltaregionen Europas durchqueren, die mäandrierend, grün und belebt ist. Die Stadt selber erhebt sich aus jeder Perspektive wie eine Oase, mit grünen Flussufern, großen Parks, Straßen voller Orangenbäume und andererseits mit den großen Gebäuden, hohen Türmen und einem Labyrinth aus schattigen Gassen. Von den wahnsinnig heißen Augustwochen vielleicht abgesehen,– ist Sevilla eine sehr lebendige Stadt, mit vielen Studierenden, Szenevierteln, Kunstfestivals und vielen großen Arbeitgebern. Das Leben findet draußen statt und die Straßen und Plätze sind grün und gemütlich. In Buchläden, Cafés oder Aushängen an Universitätsgebäuden fand ich oft gute Hinweise auf interessante (i.d.R. kostenlose) Veranstaltungen. Sachen wie zeitgenössischer Tanz oder Flamenco haben mir äußerst gut gefallen und hatten einen hohen Stellenwert in der Stadt.

Meine Unterkunft suchte ich erst vor Ort und es brauchte etwa 2 Wochen bis ich eine gefunden hatte. Ich wohnte zunächst mit einigen neuankommenden Austauschstudierenden zusammen und bin dann nochmal umgezogen in eine WG mit zwei Spaniern. Meine Betreuerin bot allerdings auch die Möglichkeit an über das Institut eine Wohnung zu vermitteln.

Mich zurecht zu finden in dem Land war insgesamt ein doch langer Prozess und lag teilweise an einer Voreingenommenheit die ich hatte und lösen musste. Ich denke ich hatte relativ hohe Erwartungen und zu genaue Vorstellungen an meine Zeit, hinsichtlich solcher beispielhafter Bilder wie, dass ich gerne mit vielen Einheimischen gewohnt hätte, Picknicks im Parks oder Interessen wie Basketball zu spielen teilen könnte. Aber auch im 21. Jahrhundert in Zeiten von Couchsurfing, Duolingo, Erasmus-Vereinen, sind es eher die zufälligen Begegnungen, die einem persönlich Bedeutung schaffen in einem fremden Land.

Anschließend an das Praktikum hatte noch mehrere Wochen eingeplant im Land zu sein und bei einem Landgut/Bauernhof zu arbeiten und mich mit der mediterranen Landwirtschaft auseinanderzusetzen. Dies war ein sehr schöner Einblick in das ländliche Spanien und hat mir auch sehr geholfen meine Sprachkentnisse zu verbessern. Allerdings musste ich aufgrund Zahnprobleme verfrüht wieder nach Deutschland zurückkehren.

Fazit

Es war sehr bereichernd für mich ein anderes Land kennenzulernen und die Zeit und die Entfernung zu haben sich selber zu orientieren. Ich möchte mich sehr bei Ana Popa-Lisseanu und dem DAAD bedanken für die Ermöglichung dieses Praktikums und für die sehr unkomplizierte, freundliche und fördernde Kommunikation und Organisation. Die Arbeit am Institut hat mir viel Freude bereitet und mir einen breiten Einblick gegeben in den wissenschaftlichen Mittelbau und auch mein Bewusstsein gestärkt in welcher Weise ich arbeiten möchte. Insbesondere ist mir bewusstgeworden, dass ich sehr gerne im Team arbeite. Ich kann es wärmstens empfehlen Auslandserfahrungen zu machen und finde das Rise-Programm bietet hierfür eine sehr gute Möglichkeit.

Martin Roggenbuck, November 2016

Kontakt: Maroggen@web.de