Erdbeben bei Herzberg (Brandenburg)

Ein unerwartetes Ereignis

Ein sehr seltenes Erdbeben hat am Freitagmittag (18. Oktober 2024) gegen 12.50 Uhr den Südwesten von Brandenburg getroffen. Alle Stationen des Thüringer Seismologischen Netzes (TSN) erfassten dieses Erdbeben. Eine manuelle Ortung des Bebens durch das TSN ergab ein Epizentrum rund 10 Kilometer östlich von Herzberg im Landkreis Elbe-Elster. Eine Bestimmung der Tiefe gestaltete sich als schwierig, da keine seismologischen Stationen in näherer Umgebung vorhanden sind. Mit herkömmlichen Methoden ermittelten wir eine Tiefe von rund 11 Kilometern. Spezielle analytische Methoden ergaben eine Tiefe von 15 Kilometern. Beide Werte sind mit Unsicherheiten verbunden.

Das Beben erreichte eine Lokalmagnitude von 3.3 (Momentmagnitude 2.9). Damit handelt es sich um das stärkste jemals in Brandenburg registrierte Erdbeben. Sowohl die Magnitudenbestimmung als auch die Lokalisierung von Epizentrum und Tiefe sind vorläufig und können durch weitere genauere Auswertungen überarbeitet werden.

Aufgezeichnete seismische Wellen an den Stationen in Mitteldeutschland (Kreise) des Erdbebens bei Herzberg (Brandenburg).

Video: Marcel van Laaten
  • Seismogramme des Erdbebens an ausgewählten Stationen in Ostdeutschland und Polen.
    Foto: Marcel van Laaten
  • Karte des Epizentrums mit Herdflächenlösung. Hintergrundkarte: OpenStreetMap
    Foto: Jens Skapski
  • Berechnete Intensität (MMI) des Erdbebens.
    Foto: Marcel van Laaten

Zwischen Herzberg und Finsterwalde konnte das Erdbeben von vielen Menschen teils deutlich verspürt werden. Dem TSN liegen mehrere Meldungen von Personen nahe dem Epizentrum vor, die von klirrenden Gläsern, vibrierenden Fensterscheiben und einem dumpfen Grollen sprechen. Da es sich um das erste spürbare Erdbeben in der Region seit vielen Jahrzehnten handelt, erkannten einige Betroffene zunächst nicht, was die Ursache der Beobachtung war.

Seismologische Stationen in ganz Deutschland lieferten die Antwort und zeichneten das Erdbeben auf, welches deutschlandweit das stärkste seit März 2024 war. In Brandenburg selbst war es überhaupt erst das siebte bekannte Erdbeben seit Aufzeichnungsbeginn. Bereits am 17. September registrierte das TSN ein kleines Erdbeben mit Lokalmagnitude 0.9 südlich von Herzberg, rund 15 Kilometer westlich des späteren Bebens. Instrumentell nachgewiesen im Kreis Elbe-Elster sind weitere kleine Beben in den Jahren 1984 und 2017. Über historische Aufzeichnungen gibt es zudem Hinweise auf ein verspürtes Erdbeben in Herzberg im Jahr 1483.

Das Erdbeben am 18. Oktober wurde ebenfalls in Herzberg deutlich verspürt. Über einzelne Wahrnehmungsmeldungen aus der Bevölkerung, die das TSN erreichten, konnte ein Schütterradius von mindestens 15 Kilometern ermittelt werden. Berechnungen der Erschütterungsstärke (Intensität) lassen auch auf einzelne Wahrnehmungen in größerer Entfernung schließen.

Eine Analyse des Bruchvorgangs des Erdbebens mithilfe seismologischer Aufzeichnungen ergab, dass eine Schrägaufschiebung zugrunde lag. Das heißt, ein Gesteinsblock hat sich bei dem Erdbeben horizontal bewegt und dabei über einen anderen Block geschoben. Eine Zuordnung zu bekannten Störungszonen, was Rückschlüsse auf die tektonischen Hintergründe zulassen würde, ist aufgrund der Unsicherheiten jedoch nicht möglich.

Nachbeben zeichneten wir bisher (Stand: 22. Oktober, 12 Uhr) nicht auf. Das Auftreten einzelner Nachbeben in den kommenden Tagen, die wahrscheinlich deutlich schwächer sind als das Hauptbeben, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Das TSN wird die Erdbebenaktivität rund um Herzberg weiter überwachen und über neue Ereignisse auf der Homepage (https://www.igw.uni-jena.de/1606/tsn) informieren.

Ansprechpartner: Jens Skapski (Tel. 03641 948671, E-Mail: jens.skapski@uni-jena.de)